Nun sind die Kiwi-Leute weg und es ist Ruhe eingekehrt. 'Kiwi-Touren' ist eine von mehreren Bustouren, die die Standardrouten in NZ bedienen. Wenn sie dann abends um 5pm im Hostel Quartier beziehen, fallen ca. 60 Jugendliche ein wie die Hornissen und es herrscht das absolute Chaos: alle wollen auf die Zimmer, ins Internet, kochen, an die Kühlschränke, Toiletten- und Duschräume…
Nun ist es 8.30am. Die Kiwis sind abgefahren und ich genieße die Ruhe und das wieder funktionierende Internet. Ein internationaler, 14-köpfiger Putztrupp (alle Work&Travel) sind nun damit beschäftigt alles zu säubern, aufzuräumen und den Müll zu entsorgen- alles unter den Augen des Besitzers der alle antreibt und penibelst kontrolliert - sehr interessant das Alles zu beobachten.
Draußen regnet es in Strömen (ist aber warm) und ich bin lustlos, mache mich aber trotzdem auf den Weg.
Im Ort kaufe ich mir bei der Heilsarmee einen Kochtopf (denn in meinem Campinggeschirr ist nur eine Pfanne vorhanden), shoppe in einem großen Supermarkt einige Essensvorräte und erkundige mich im Isite nach Sehenswürdigkeiten. Dann fahr ich los zum 'Cape Foulwind', mache dort einen Küstenspaziergang und schaue mir eine Robben-Kolonie an – im Sturm und bei hohem Wellengang ist es eine ganz besondere Stimmung.
´Cape Foulwind´
Robbenkolonie
Sooo süß - wie die Muttertiere ihre Kleinen stillen
Viele Surfer nutzen die hohen Brandungswellen
Küstenfahrt von ´Westport´ nach ´Punakaki´
Truman Track
Riesige Felsformationen
Der ´Southern Ocean´ tobt - sehr unheimlich ...
Ein Weka - flugunfähiger Vogel - wartet neben meinem Auto :)
Entlang der Küste, es ist eine wunderschöne aber rauhe Küstenlandschaft, fahre es dann weiter gen ´Punakaki´ zu den ´Pancake-Rocks´. Es ist Ebbe und die ´Blowholes´ in ´Punakaki´ sind nicht zu sehen. Aber allein die ´Pancake-Rocks´ sind sehr imposant. Sie sehen wirklich aus wie aufeinandergestapelte Pfannkuchen.
Auf der anderen Straßenseite suche ich dann eine Höhle in der es Glühwürmchen geben soll, aber ich kann sie nicht finden, habe auch im Regen keine Lust mehr zu suchen. Außerdem mache ich erste Begegnungen mit den ´Sandflies´.
´Sandflies´ sind
kleine schwarze Fliegen, etwas größer als unsere Fruchtfliegen und wenn sie
beißen, und das tun sie immer und in Schwärmen, juckt es unvorstellbar stark - tagelang
- und sie hinterlassen rote Punkte und man sieht aus, als hätte man Windpocken.
Sie fliegen in die Augen, Ohren, in den Nacken, von unten in die Hose ...wo immer sie Haut entdecken... Das Jucken überfällt einen immer wieder ganz plötzlich und am liebsten würde
man mit einer Drahtbürste ans Werk gehen –es ist anders als bei Mücken. Einmal
angefangen zu kratzen kann man nicht mehr aufhören. Oft hat man die roten Stiche
noch 3 Wochen später. Ich hasse diese Michtviecher. Ich dachte zuerst mich
würden sie nicht stechen, denn auch Mücken machen meist einen Bogen um mich,
aber diese Mistviehcher sind gnadenlos und attackieren jeden bzw sind es nur
die Weibchen, denn sie brauchen das Eiweiß im Blut für die Aufzucht ihrer
Jungen. `Sandflies´ sind vorwiegend an der Westküste (Regenwald) zu finden
(bzw. zu spüren) und nur auf der Südinsel NZ´s.
Ich habe auch
den Truman-Treck empfohlen bekommen, eine Wanderung durch Regenwald und zu
einem Strand mit riesigen, bizarren Felsformationen und mache mich auf den Weg.
Es sind keine Leute unterwegs und zuerst ist es etwas unheimlich aber dann
fasziniert mich die beeindruckende Kulisse und nach 20 Minten komme ich an den
Strand. Ich stehe fast auf Augenhöhe mit dem tobenden Ozean und habe großen Respekt
mich fortzubewegen. Ich bleibe auf dem beschilderten Weg, arbeite mich über die
Felsen vor und entdecke einen imposanten Strand. Ich habe nicht drangedacht und
trage Flip-Flops und schon wieder überfallen mich Schwärme von ´Sandflies´. Auch
diesen Ort verlasse ich fluchtartig – soll es jetzt an der Westküste so
weitergehen…?Wieder im Auto stelle ich fest, dass mein Zigarettenanzünder keinen Strom hat (ich möchte mein Handy darüber aufladen) und so fahre ich in ´Greymouth´ in eine Werkstadt um es checken zu lassen. Einmal da, entdeckt der Mechaniker, dass meine Batterie so gut wie hinüber ist und meint, ich bräuchte unbedingt eine Neue - so könnte ich nicht über den Arthur-Pass zum Arthur-Pass-Village (der höchstgelegene Ort in NZ) fahren. Er ist so freundlich und setzt sich mit meinem Vermieter auseinander und problemlos wird eine neue Batterie geordert, fix eingebaut und ich hab mit der Rechnungsabwicklung nicht zu tun. Die Reparatur des Zigarettenanzünders erweist es als schwieriger und so gibt er mir ein Kabel, welches er direkt an die Batterie anschließt und festklebt und ich so über Nacht dort aufladen kann. Bin mit der Lösung nicht zufrieden, aber besser als gar nichts. Kostet mich 20 NZD (ca. 13€).
Im strömenden
Regen fahre ich stadtauswärts. Ich sehe einen Anhalter und nehme ihn mit. Es
ist Josh, 27 Jahre – ein Engländer. Er hat hier in NZ ´Work&Travel´ gemacht
und möchte nun eine 4-tägige Wanderung machen. Er möchte auch Richtung
´Arthur-Pass´. Josh ist freundlich aber nicht sehr gesprächig, er macht einen
unruhigen Eindruck und studiert seine Wanderkarten und Wanderwegnotizen aus dem
Internet. Wir kommen trotzdem ins Gespräch und es zeigt sich, dass es seine
1.größere Wanderung ist. Er wird 4 Tage alleine fern von jeder Zivilisation
sein, steilste Berge erklimmen, hüfthohe, z.T. reißende Flüsse durchwaten, im
Zelt übernachten … alles ohne Internetempfang, völlig auf sich allein gestellt.
Er hat seine ganze Verpflegung im Rucksack, welcher somit recht schwer ist. In
der Gegend wo er loswandern will, angekommen, finden wir aber den Parkplatz
nicht, den die Karte beschreibt. Fast ½ Stunde fahren wir auf und ab. Ich will
ihm helfen, denn so mag ich ihn auch nicht rauslassen - er ist so aufgeregt.
Wir halten an einem abgelegen Haus und er fragt nach. Wir müssen wieder zurück.
Auch jetzt finden wir nichts. Wir fragen nochmal einen Autofahrer und dann
glauben wir die richtige Stelle gefunden zu haben. Er holt seine Sachen hinten
aus dem Auto und wir verabschieden uns. Er gesteht, er wäre froh wenn es schon
vorbei wäre – aber er freue sich… Ich frage ihn noch nach seiner Motivation
dieses zu machen und er meint, er hätte keinen anderen gefunden und wolle es
aber unbedingt… Ich kann es nachempfinden, denn häufig denke ich auch so und
wenn man etwas wirklich will, schafft man es auch! Ich wünsche ihm alles Gute
und ich sehe wie er über Machendrahtzäune steigt und die 1. Flussüberquerung
(oberschenkelhoch), mit seinen Wanderschuhen an den Füßen, bewältigt… Ich weiß
nicht was aus Josh geworden ist, aber ich bin davon überzeugt er hatte eine
tolle, erlebnisreiche Zeit und alles ist gut gegangen….
Nun bin ich
spät dran und komme im Dunkeln im ´Arthur-Pass-Village´ (auf knapp 1000m Höhe) an.
Es ist ein winziger Ort mit einigen wenigen Häuschen. Oh je, wo soll ich hier
schlafen????Ich entdecke ein Schild ´Sanctuary - BBH Hostel´ und ich klopfe an der Tür. Es macht keiner auf, aber ich sehe draußen ein Telefon mit einem Hinweis und einer Telefon-Nummer die anzurufen ist. Es meldet sich auch prompt jemand, aber nicht nur am Telefon sondern auch gleich hinter mir stehend – ich erschrecke mich zu tode. Der Unbekannte ist Bill der Besitzer, sehr nett, etwas älter als ich. Er lässt mich in die gute Stube, denn es ist dunkel und kalt, dreht die Heizung zum Anschlag auf (Frauen frieren schnell, sagt er, und ich solle es warm haben) und meint ich könnte all das hier benutzen. Ich sage ich möchte im Auto schlafen und dann zeigt er mir eine Wiese neben dem Haus auf die ich fahren soll. Ich kann es nicht fassen. Ich habe einen wunderschönen Küchen-, Aufenthaltsraum und es gibt gepflegte sanitäre Anlagen – bin nur, so glaube ich, alleine hier. Gegen ein bisschen Geselligkeit hätte ich nichts einzuwenden … Bill sagt er würde morgen zurück nach CHCH fahren – wo er wohnt. Es wäre nur heute hier, da am Wochenende ein großes Sportevent ´Coast to Coast´ hier oben stattfindet. Dann gibt mir einen Türcode, damit ich ins Haus kommen, einen Internetcode und zeigt mir eine ´Donation-Box´. Hier soll ich eine Spende reinwerfen, in einer Höhe die ich für angemessen halte – mmmmhhhh? Dann ist er auch schon wieder verschwunden….
Ich sitze noch eine ganze Weile im Aufenthaltsraum und lasse den erlebnisreichen Tag auf mich wirken, schreibe Blog und trinke Rotwein. Ich verspreche mir davon schnell müde zu werden und fix einzuschlafen… Mit der nötigen Bettschwere steige ich dann in meine CamperVan … ich kann nicht einschlafen … alles ist unheimlich … der Wind macht seltsame Geräusche und wirft Schatten von den Bäumen auf mein Fenster… irgendwann falle ich in einen Tiefschlaf … der Rotwein hat gewirkt!
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