Sonntag g, 16. Februar 2014
Ich habe mich entschieden und gehe um 8am ins Dorf Café. Dann kommt auch schon Glenn und nach einem
Kaffee ziehen wir los. Ich schlage vor, dass ich den Aufstieg versuche
und wenn ich es nicht schaffe möchte ich zurückgehen und er soll alleine weitergehen.
Er stimmt zu - traut mir es aber zu. Ich habe eine zu kleine
Getränkeflasche, wie er feststellt, denn er meint das wäre das Wichtigste. Er
gibt mir einen 2Liter Kanister!!! aus seinem Wagen. Er hat viele Sachen dabei
und er macht es, vorsichtshalber, immer so. Auch zusätzliche Klamotten und
Decke im Falle das man sich verletzt und liegenbleiben muss um sich warm
einzupacken. An so etwas hätte ich nie gedacht. Er holt noch sein Fernglas (um
Vögel zu beobachten) und los gehen wir... ich gehe vor und soll das Tempo
bestimmen.
Nach 5 Minuten beginnt schon der steile Aufstieg, nur Steine und hohe Stein-Hindernisse
und es ist mehr ein krakseln und klettern als wandern. Wo ich kann versuche ich
Wurzeln oder Äste zu packen um mich hochzuziehen. Zum Teil sind die Hindernisse
über 1m hoch. Nach 1/2 Stunde bin ich durchgeschwitzt und schon fix und alle. Glenn hat noch nicht einmal seine Jacke
ausgezogen. Er bleibt immer wieder stehen um Vögel zu beobachten und ich bin
dankbar für die Pausen. Ich spüre jetzt schon meine Blasen…
Er erzählt mir viel über die Tiere in NZ (speziell über die Vogelwelt), über
Berge und Erdbeben (wie sich das Leben der Menschen nach dem schwere
Erdbeben 2011 verändert hat und über ihre Verzweiflung und Selbstmordgedanken), über
Gletscher und das ewigen Eis und von dem Nationalsport Rugby und Cricket. Ich
erfahre, dass er noch 6 Geschwister hat und 4Jahre in Südamerika und auf den
Pazifischen Inseln gelebt hat. Es ist alles sehr interessant, obwohl ich sehr
mit mir beschäftigt bin (“nicht an die Blasen denken“ – Glenn liest es mir von den Lippen ab und weist mich immer wieder drauf hin) und in Phasen kaum zuhören kann. Ich beobachte auch mehrfach
Vögel durch das Fernglas und je mehr ich über sie erfahre desto interessanter
ist es und ich habe Spaß dran. Ich kenne jetzt schon den ´Yellow Hat´, den ´Bell-Bird´
(auch ´Tui´ genannt), den ´Fan Tail´ und erfahre viel über ´Keas´. Der ´Kea´ ist
ein Alpiner Papagei und noch cleverer als Schimpansen – mittlerweile mein Lieblingsvogel.
Viele Vögel in NZ können nicht fliegen - weil sie es verlernt haben. Bis zu der
Entdeckung NZ's durch die Europäer, gab es keine natürlichen Feinde und so
haben sie über Jahrtausende verlernt zu fliegen. Die Europäer brachten Hunde,
Katzen, Kaninchen, Ratten, Wiesel etc und somit auch die Feinde der Vögel. In
den letzten 200 Jahren sind dadurch viele Spezies ausgestorben. Von Seiten der
Naturschützer werden große Anstrengungen unternommen Arten zu schützen und ihre
Anzahl zu erhöhen. Meine Beine zittern schon...
Ich freue mich über Vögel- und Fotopausen. Ich bin noch nicht oben und hab
schon 2Liter Wasser getrunken....
Nach 2Stunden steilem Aufstieg verlassen wir die Baumgrenze und haben ein
grandioses Bergpanorama. Außer dem steilen Gelände kommen jetzt noch pralle
Sonne und steile Abgründe und Bergklippen dazu. Wir müssen unseren Weg entlang
von Begrenzungspfählen suchen, denn sonst besteht Absturzgefahr- für mich ist
es sehr aufregend - es ist eine Gradwanderung. Nach knapp 3 Stunden haben wir es geschafft- der Gipfel ist
erklommen und hier oben sind schon einige Leute. Ein traumhafter Ausblick…
Glenn quatscht alle Leute an und möchte eine Statistik erstellen. Wir haben
heute knapp 30 Leute getroffen und davon gab es nur 2Kiwis- der Rest meist
Europäer… ihm gibt das zu denken und er wünscht sich, das sich auch die
Jugendlichen in NZ mehr für die Natur interessieren und wandernd das Land
erkunden…
Lunchtime auf dem ´Avalange Peak' - vor lauter Aufregung habe ich vergessen heute
Morgen essen einzupacken, aber Glenn teilt mit mir seine Brote - sehr nett, Ich
kann ein paar Nüsse beisteuern. Nach einer Stunde machen wir uns dann an den
Abstieg. Wir benötigen insgesamt 6,5 Stunden. In der Broschüre stand 6-8
Stunden.
Ich freue mich riesig, dass ich es geschafft habe und dazu noch in einer guten
Zeit. Wieder im Dorf angekommen hab ich einen Mordshunger auf Spaghetti. Glenn
meint, dass könnt er mir jetzt nicht bieten aber er möchte mir ein Sandwich
schmieren denn er muss dann zügig zurück nach ChCh, um dann schon bald wieder auf die
Philippinen zu fliegen. Er schmiert nur ´ne dicke Stulle, es schmeckt köstlich.
Wir sitzen vor unseren Campern auf dem Boden. Schon lange hat mir keiner mehr
ein Brot geschmiert - ich genieße es verwöhnt zu werden. Glenn gibt mir noch
einen Tipp was ich mir unbedingt anschauen soll- denn auch ich möchte heut
Abend noch los...
´Time to say Goodbye´- es war eine einzigartige Begegnung Glenn kennengelernt
zu haben- meine Reise lebt von diesen speziellen Begegnungen … die das Reisen
so reisenswert machen!!!
Von dem fantastischen Tag beschwingt, gehe ich noch fix in Bills Hütte duschen (für
2€ gibt es eine öffentliche Warmwasserdusche, draußen im Garten), bevor ich dann
um 6pm auch losfahre. Kaum aus dem Ort raus steht in der Kurve ein Wagen in
Flammen. Hilfe ist schon gerufen und den Leuten geht es gut. Ich habe große
Angst, dass der Wagen explodiert und traue mich nicht an ihm vorbeizufahren.
Irgendwann mache ich es dann den Anderen nach und fahre auch vorbei- denn man
sagt mir, wenn die Feuerwehr kommt, ist die Straße für länger Zeit gesperrt … und
ich möchte weiter.
Mein Ziel ´Lake Tekapo´ aber Glenn sagte mir ich soll vorher an den ´Cave
Streams´ anhalten (unweit vom Arthurs Pass) und nicht mehr so weit fahren
sondern mich ausruhen. Ich entdecke das Schild ´Cave Streams´ zufällig denn es
ist unauffällig am Straßenrand platziert. Jetzt erst kommt die Feuerwehr mir
entgegen. Es ist schon eine ½ Stunde her das ich losgefahren bin… Sie kommt aus
ChCh.
Es dämmert
schon und es stehen nur noch 2 Autos auf dem Parkplatz. Ich stelle mich (wie
sich herausstellt) neben eine Irin. Sie kommt gerade aus der Höhle und ist bis
zum Bauchnabel nass. Ich lasse mir von ihr alles erklären. Sie meint, ich
brauch eine gute Stirnlampe (habe ich), denn es ist stockdunkel und warme
Klamotten (Schuhe, Hose und Oberteil, denn es ist kalt) die nass werden dürfen.
Dann geht man 15 Minuten in ein Tal bis zum Höhleneingang. Durch die Höhle
fließt ein (z. T. reißender) Bach und es gibt 2 höhere (hüfthohe) Stufen. Man
hangelt sich der Wand entlang, ca. 40 Minuten, und kommt dann einem anderen
Ausgang – stromaufwärts wieder raus (sie zeigt auf den Berg vor uns). Man kann
sich nicht verlaufen. Ich frage sie, ob sie es alleine gemacht hat, und sage,
dass ich mich das nicht traue, es aber total gerne machen würde. Sie sagt, dass
es ihr ganz genauso ginge und es ist nicht so schlimm sei und das Ergebnis sei großartig.
Ich ´kämpfe mit meinem inneren Schweinehund´ – geh ich, geh ich nicht, gehe
ich… Sie sagt dort unten stehe noch ein Wagen und ich soll fragen, ob er noch
länger dort stehen würde und bitten mich zu beobachten, ob ich wieder rauskomme?!
Das würde mich bestimmt beruhigen. Ich
finde diese Idee gut. Sie sagt noch, dass so tolle Naturspektakel sonst ein
Heidengeld kosten, denn man muss einen Ausflug buchen und hier das sei umsonst.
Sie hat so etwas schon öfter gebucht und
überall musste sie kriechen, hier könnte man sogar aufrecht gehen. Ich muss es
machen, sagt sie… dann fährt sie davon…
Ich überlege
mir, ich könnte es auch morgen früh machen, aber wer weiß ob dann Leute hier
sind? Ich weiß nicht was ich machen soll und will es aber…
Ich nehme
allen Mut zusammen und ziehe mich um. Mir fällt ein, ich habe mein Lycra vom
Kitesurfen ja dabei (es ist langärmlig und wärmt) welches ich anziehe und setze
die Kopflampe auf. Dann gehe ich zum Wagen am anderen Ende des Parkplatzes. Es
liegt ein Franzose hinten auf der Ablage und liest. Ich sage, dass ich gern in
die Höhle möchte mich aber nicht traue und ob er, wenn er noch länger hier wäre,
beobachten könnte ob ich wieder rauskäme. Er wollte eigentlich gleich fahren,
sagt aber, er würde dann noch warten…
Wieder einmal
zittern mir die Knie am heutigen Tag. Diesmal aber nicht vor Anstrengung
sondern vor Angst… Es dämmert schon, aber ich denke mir in der Höhle ist es eh
dunkel…
… und nun geht’s los … auf dem Weg ins Tal bleibe ich noch mehrfach stehen und
überlege ob ich nicht doch zurückkehren soll…. Einmal gehe ich sogar zurück,
entschließe mich dann aber wieder anders… Unten im Tal sehe ich schon den Bach
und gehe Bachaufwärts und komme einen großen Höhleneingang. Prompt flattert mir
eine Fledermaus entgegen und vor meinen Füßen schwimmt ein großer Fisch. Ich bin
aber jetzt entschlossen und mit einem Tunnelblick begebe ich mich in die Höhle.
Das Wasser ist recht kalt, aber als es durch die Schuhe und Strümpfe zu meine
Haut sickert, fühle ich eine erfrischend Kühlung meiner geschunden Füße. Es ist
unfassbar … hier drinnen sieht es aus wie in einem Aquapark. Glänzend glatte
Felswände an denen ich mich entlangtaste. Der ganze Durchgang ist zwischen 1
und 3 m breit und mehrere Meter hoch. Die Wassertiefe ca 40-1.20m. Das
schwierigste ist, sich auf den Steinen im Wasser fortzubewegen ohne
auszurutschen. Einmal mach ich die Lampe aus und es ist wirklich stockduster und
man hört nur das Plätschern des Baches. An verschiedenen Stellen wird es sehr
laut und es hört sich an, als käme eine riesen Wasserschwall gleich um die Ecke
– es ist auch so nur bleibt der Bach niedrig. Ich komme an das 1.Becken. Es
hat einen Durchmesser von ca. 4m. Hier muss ich durch und dann einen kleines Hindernis
überwinden und ich bin auf einem höheren Level. Dann wird es wieder eng, aber
ich kann überall aufrecht gehen. Mir kommen die verrücktesten Gedanken (was ist
wenn Erbeben oder Einsturz … wartet der Franzose wirklich … was ist, wenn nicht
… und mir was passiert…), aber ich versuche alles nicht an mich ran zu lassen. Die
Zeit zu schätzen fällt mir schwer hier drinnen, ich gehe und gehe und gehe.
Dann komme ich ans nächste Becken hier schießt mit Wucht eine Strömung um die
Ecke, aber nur oberschenkelhoch. Jetzt weiß ich warum es verboten ist nach
starken Regenfällen hier durchzuwaten…
Ich komme noch
in ein 3.Becken, welches das Tiefste ist, und muss mich auch hier, gegen eine
kleine Strömung an einem Felsen hochziehen. Dann kommt nochmal ein endloser
sich windender Gang bis ich in einem recht tiefen Becken lande. Ich sehe auf
einmal Licht und kann es nicht fassen. ICH HABE ES FAST GESCHAFFT!!! Ich bin
überglücklich. Irgendwo muss hier der Ausgang sein. Im ersten Moment bekomme
ich etwas Panik, denn ich kann keinen Ausgang entdecken. Die Iren hat aber nicht
gesagt, dass man den Weg wieder zurückgehen muss. Ich suche und suche das
Wasser reicht mir bis zur Hüfte… Wieder ein Anflug von starkem Unwohlsein….
Aber ich sehe Licht. Dann endlich um einen Felsen herum sehe ich in den Fels
genagelt einige Eisenstangen, da MUSS es hochgehen. Zumindest komme ich aus dem
Wasser. Dann wird es sehr eng aber ich weiß dass ich richtig bin, denn es gibt
eine Eisenkette an der man sich halb auf dem Bauch robbend rausziehen kann.
Dann habe ich es geschafft! Ich bin im Freien und unversehrt! Ich freue mich riesig
es gemacht zu haben es war eine großartige Erfahrung, obwohl ich - zugegeben - es
lieber er zu 2t gemacht hätte. Man hätte das Naturspektakel mehr genießen
können. Ca 5 Minuten ist es noch zum Parkplatz und siehe da, der Franzose
wartet auf mich. Ich war knapp 45 Minuten unterwegs. Er fragt mich ob alles OK
ist. Ich bejahe und bedanke mich 1000x. Es dämmert immer mehr und ich sehe noch
einen Wagen neben ihm stehen. Ich stelle meinen auch dazu, denn sie kochen alle
und haben sich gerade kennengelernt. Ich möchte meine Kochsachen auch rausholen,
da fragen mich Pierre und Jeanette (so heißen die beiden ca 25-jährigen) ob ich
was von ihnen mitessen wolle, sie haben zu viel. Es sind Nudeln mit Tomatensoße
und Parmesankäse. Genau das, worauf ich schon den ganzen Tag Hunger habe. Ich
weiß nicht ob ich so hungrig aussehe, denn sie geben mir den ganzen Topf und
meinen ich soll alles aufessen, sie wollen nicht mehr. Ich freue mich riesig.
Ich habe noch 2 Flaschen Bier, die ich ihnen gebe, worüber sie sich riesig
freuen- somit sind alle glücklich. Der eine Franzose ist abgefahren und wir
drei wollen diese Nacht hier campen. Pierre und Jeanette wollen morgen ganz
früh in die Höhle ….hätte ich das gewusst. Egal, irgendwann verlassen wir
fluchtartig den Picknickplatz - denn es kommen wieder Schwärme von ´Sandflies´-
und krabbeln in unsere Camper. Es ist 8.30pm und ich falle schnell in einen
Tiefschlaf…
Der, ich
glaube, erlebnisreichste Tag meiner Reise geht zu Ende und ich bin
überglücklich…
Morgenstimmung
Besteigung des ´Avalange Peak´
Bergimpressionen
Kea - ein alpiner Papagei
Er zupft und spielt immer an meiner Tasche
Sie sind so zutraulich
Hier sind uns geniale Schnappschüsse gelungen
Eigentlich sich sie unscheinbar - wenn sie aber ihre Flügel öffnen kommen fantastische Farben zum Vorschein
Perfekte Teamarbeit - Glenn sagt ich soll den Kea mit einer heftigen, schnellen Bewegung aufscheuchen. Er liegt mit der Kamera im Anschlag:1,2,3 ....
das Ergebnis
Geschafft - ich bin überglücklich
`Time to say Goodbye´...
Kaum aus dem Dorf gefahren wartet schon das nächste Abenteuer ...
... ein brennendes Auto in der Kurve
Noch aus der Ferne sieht man die Rauchschwaden
´Cave Streams´
ein Erlebnis ganz besonderer Art
Der Weg ins Tal
Es dämmert schon
Am Fluss angekommen ...
... noch ein Stück ...
... dann kommt der Höhleneingang
... mich gruselts ...
... und das Wasser ist lausig kalt :(((
Hier muss ich rauskrabbeln ...
Geschafft!!!
Jetzt noch hier hoch ...